VIERTES HEADSAHEAD PRAXIS-FORUM FÜR AUFSICHTSRATSVORSITZENDE

Düsseldorf, 05.11.2019

Es ist mittlerweile eine etablierte Veranstaltung im Industrie-Club Düsseldorf – das HEADSAHEAD Praxis-Forum für Vorsitzende von Aufsichtsgremien. Man kennt sich und freut sich auf einen weiteren spannenden Diskussionsabend in vertrauter Runde, zum zweiten Mal auch in diesem Jahr.

Das Thema des Abends konnte drängender nicht sein. Welche Anforderungen ergeben sich für die Ausgestaltung künftiger Vorstandsvergütungssysteme börsennotierter Unternehmen angesichts der in 2020 in Kraft tretenden ARUG II Regelungen sowie der Empfehlungen des überarbeiteten Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)?

Gastreferent und Korn Ferry Vergütungsexperte Prof. Dr. Michael Bursee stellte fachkundig die wesentlichen rechtlichen Anforderungen für börsennotierte Unternehmen vor: Die Ausarbeitung eines klaren und verständlichen Vergütungssystems, das einen Beitrag zur Förderung der Geschäftsstrategie und zur langfristigen Entwicklung der Gesellschaft leisten muss, dessen Offenlegung einschließlich fester und variabler Vergütungsbestandteile sowie (nicht-)finanzieller Leistungskriterien sowie die nunmehr zwingend erforderliche Billigung dieses Systems durch die Hauptversammlung. Im Gleichklang hiermit die Empfehlung des DCGK, die variable Vergütung an strategischen Zielsetzungen zu orientieren.

Wie aber bewertet man Leistung und Erfolg auf Vorstandsebene? Diese Frage schien allen Teilnehmern auf der Seele zu brennen. Wurden zur klassischen Leistungsbemessung bislang überwiegend ergebnisorientierte Kennzahlen herangezogen, die als Gradmesser für die auf Basis individueller Zielvereinbarungen ermittelte Zielerreichung eines jeden Vorstandsmitglieds dienten, könnte der Trend zukünftig stärker dahingehen, individuelle Zielvereinbarungen durch kollektive Ziele zu ersetzen, um die Gesamtverantwortung des Vorstands besser abzubilden.

Die Diskussion über Definition und Einbindung strategischer Vergütungskriterien warf die Frage auf, inwieweit der Vorstand seine Strategie offenlegen will bzw. kann. Strategien sind bekanntlich komplex, mehrdimensional und gegebenenfalls an rasante Marktentwicklungen anzupassen. Es bleibt somit dahingestellt, inwieweit Strategien operationalisiert bzw. strategische Erfolgskriterien gemessen werden können. Demzufolge wurden verbleibende Spielräume hinterfragt. Zu hoch angesetzte diskretionäre Vergütungselemente dürften nach wie vor problematisch sein und ein „Vote against“ seitens Proxy Advisors und institutionellen Investoren provozieren.

Grundsätzlich, so der rechtskundige und gleichsam pragmatische Hinweis von Linklaters, müssen Unternehmen ihre jeweiligen Handlungsspielräume bei der Gestaltung künftiger Vergütungssysteme auf Vorstandsebene für sich bewerten und begründete Abweichungen von Empfehlungen des DCGC standhaft verteidigen. Der aktive Dialog mit Proxy Advisors und institutionellen Investoren wird wichtiger denn je und muss gefördert werden.

Naturgemäß konnten nicht alle Unsicherheiten an diesem Abend beseitigt werden. Die individuelle Leistungsdifferenzierung des Vorstandes als auch die Kopplung von Strategie und Leistung bleiben herausfordernde Themen im Aufsichtsrat. Einigkeit bestand unter den Aufsichtsratsvorsitzenden jedoch darin, dass der regelmäßige praktische Austausch einen Mehrwert für jeden Einzelnen darstelle und man künftige Termine des Praxis-Forums vorrangig im Kalender vermerken werde.